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Geschlechtsspezifische Gewalt ist nicht nur eine Privatsache zwischen einzelnen Menschen, sondern ein gesellschaftlich strukturelles Problem Die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter ist durch das Grundgesetz Artikel 3 (2) und Artikel 2 der Thüringer Landesverfassung verankert. Im Alltag wirken jedoch veraltete traditionelle Rollenbilder der männlichen Dominanz fort. Sie sind Nährboden für die Benachteiligung von Frauen, für Sexismus und Gewalt. Anders als bei anderen Straftaten fühlen sich die Opfer oft mitschuldig an den Taten und gleichzeitig fehlt es den Tätern oftmals an Unrechtsbewusstsein. Schuld an der Gewalt hat immer der Täter, nicht das Opfer! Daher braucht es nicht nur Hilfe für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt, sondern Empowerment und Gleichberechtigung der Geschlechter.

Die Istanbul-Konvention als Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist ein gesetzliches Instrument auf dem Weg zu Gewaltlosigkeit, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung von Frauen.

 
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Definitionen zu häuslicher und sexualisierte Gewalt

 
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Gewalt gegen Frauen

Ist viel häufiger als allgemein angenommen wird. Sie ist ein häufiges Kriminalitätsphänomen und für die Betroffenen ein Problem. Sie sind oft ratlos, hilflos und schwer verletzt an Körper und Seele. Die höchste Gefahr für eine Frau geht dabei nicht von Unbekannten aus, sondern in den meisten Fällen von den engsten Beziehungspartnern im sozialen Nahfeld: Zu Hause, in der Partnerschaft. Sexualisierte Gewalt droht darüber hinaus im Arbeitsalltag, im Bekanntenkreis oder im Verein.

  • Ein Drittel aller Frauen in Deutschland ist von sexueller oder körperlicher Gewalt betroffen
  • Ein Viertel aller Frauen erlebt Gewalt in ihrer Partnerschaft
  • Zwei Drittel aller Frauen erleben sexuelle Belästigung
  • Ungefähr ein Viertel aller Frauen wird Opfer von Stalking
  • Jeden Tag versucht ein (Ex-)Partner seine Frau umzubringen.
  • Jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem (Ex-) Partner getötet.

ist laut Istanbul-Konvention

  • eine Menschenrechtsverletzung
  • eine Form der Diskriminierung
  • gesellschaftlich die Ausübung struktureller Gewalt
  • bezeichnet alle Handlungen, die im öffentlichen oder privaten Leben zu

körperlichen, sexuellen, psychischen oder wirtschaftlichen Schäden oder Leiden bei Frauen führen oder führen können.

 
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Geschlecht

setzt sich zusammen aus gesellschaftlich geprägten Rollen, Verhaltensweisen, Tätigkeiten und Merkmalen, die eine bestimmte Gesellschaft als für Frauen und Männer angemessen ansieht.

 
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Geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen

ist Gewalt, die gegen Frauen gerichtet ist, weil sie Frauen sind, oder überwiegend gegen Frauen verübt wird.

 
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Gewalt gegen Männer und Queere Menschen

Nicht nur Frauen sind von Gewalt betroffen, sondern auch Männer und Menschen mit diversen Geschlechtsidentitäten wie Trans* oder Inter*Personen oder solchen, die sich genderfluide nicht in ein klassisches binäres Geschlechtersystem einordnen. Hier kommt es bei der Ausübung von Gewalt auch darauf an, welches Geschlecht Menschen von außen zugeschrieben wird.

Gewalt wird häufig als normaler Bestandteil der gesellschaftlichen Männerrolle gesehen. Männer erleben die meiste Gewalt im öffentlichen Raum und von anderen Männern und sind dabei häufig auch selber Täter. Bei Partnerschaftsgewalt wird davon ausgegangen, dass ca. 20 Prozent der Betroffenen Männer sind.

 
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Häusliche Gewalt

„Häusliche Gewalt“ bezeichnet alle Handlungen körperlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt, die innerhalb der Familie oder des Haushalts oder zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partnerinnen beziehungsweise Partnern vorkommen, unabhängig davon, ob der Täter beziehungsweise die Täterin denselben Wohnsitz wie das Opfer hat oder hatte und kannbis zum Tod führen. Ein anderer Begriff hierfür ist Partnerschaftsgewalt.

Ganz überwiegend trifft diese Gewalt Frauen, während die Täter meist Männer sind: laut jährlicher Auswertung des Bundeskriminalamtes sind ca. 80 Prozent der Opfer weiblich und ca. 78 Prozent der Tatverdächtigen männlich. Das Ausmaß der Gewalt gegen Frauen ist schwerwiegend.

 
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Sexualisierte Gewalt

bezeichnet Handlungen, die das sexuelle Selbstbestimmungsrecht des Menschen verletzen. Sexualisierte Gewalt ist ein massiver Eingriff in die Intimsphäre einer anderen Person gegen ihren Willen. Sie wird oft als Mittel zur Demütigung und Machtdemonstration angewandt. Hierzu zählen:

  • Vergewaltigung und Nötigung
  • sexualisierte Berührungen
  • sexuelle Anspielungen, obszöne Worte oder Gesten
  • aufdringliche und unangenehme Blicke
  • Briefe oder elektronische Nachrichten mit sexuellem Inhalt
  • das unerwünschte Zeigen oder Zusenden von Bildern oder Videos mit pornografischem Inhalt

Bundesweit kommt es jährlich zu etwa 12.000 bis 13.000 Anzeigen wegen Vergewaltigung oder sexueller Nötigung – und hinzu kommt ein nicht unerhebliches Dunkelfeld.

Zwei Drittel aller Vergewaltigungen finden, entgegen der öffentlichen Wahrnehmung, zuhause, im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz statt. Nur wenige Täter üben sexualisierte Gewalt aufgrund einer psychischen Erkrankung aus. Die Meisten planen ihre Handlungen gezielt und sind sich darüber bewusst, was sie tun.

Jede Frau und jedes Mädchen, gleichgültig wie alt oder attraktiv sie ist, welcher Nationalität oder Religion sie angehört, kann sexualisierte Gewalt erleiden. Frauen mit Behinderung zählen besonders häufig zu den Betroffenen – insbesondere, wenn sie in betreuten Einrichtungen leben. Dazu tragen die Strukturen bei, die die Privat- bzw. Intimsphäre der dort lebenden Frauen einschränken. Einige Täter nutzen den Umstand aus, dass Frauen mit Behinderungen auf die Hilfe und Pflege ihres Umfeldes angewiesen sind.

 
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Femizide

Femizide sind Tötungen von Frauen, weil sie Frauen sind, das heißt aufgrund einer von der Annahme geschlechtsbezogener Ungleichwertigkeit gegen Frauen geleiteten Tatmotivation. Diese äußert sich insbesondere in einer ablehnenden Einstellung der tatbegehenden Person zur Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung der Geschlechter.

Als Indikator der Ursächlichkeit kann auch die fallgruppenspezifisch wesentlich erhöhte Betroffenheit von Frauen herangezogen werden (wie bei Trennungstötungen), da dies die Vermutung eines strukturellen geschlechtsbezogenen Tathintergrundes nahelegt.

Die Definition bezieht im Sinne des Art. 3 der Istanbul-Konvention auch Mädchen ein. Sie schließt Personen anderen Geschlechts ein, wenn diese von Tätern als weiblich gelesen werden, also wenn die Tat in vergleichbarer Weise an das soziale oder biologische weibliche Geschlecht der Person anknüpft oder eine Person, die sich selbst als intersexuell, transsexuell oder non-binär identifiziert, von der gewaltausübenden Person als weiblich gelesen wird.